Was die Lehmann Brothers mit dem deutschen Immobilienmarkt 2024 zu tun haben

Die Aussichten auf dem Immobilienmarkt verdüstern sich derzeit, die Pandemie und Krieg haben ihre Spuren hinterlassen. Um aber deren Auswirkungen auf die weltweiten Lieferketten, die Leitzinsen sowie die Inflation zu verstehen, müssen wir unsere Geschichte im Jahr 2008, zur Subprime-Krise beginnen lassen.

Aber keine Angst, wir werden schnell bei unserem eigentlichen Thema, den Bauzinsen und deren Auswirkungen auf die Immobilienpreise und -finanzierung landen.

Dem Boom geht die Krise voraus

Vor 15 Jahren gingen reihenweise Investmentbanken wie Bear Stearns oder Lehman Brothers in den USA Pleite. Einer der Gründe waren die Credit Default Swaps, faule Immobilienkredite, die sich in den Büchern der Kredithäuser angesammelt hatten und nacheinander platzten. Die Folge war eine weltweite Krise des Geldsystems.

Wie die Wellen eines Tsunamis erfasste das Beben die Realwirtschaft. Die Notenbanken als Hüterinnen der Wirtschaft fluteten die Märkte mit billigem Geld und setzten den Leitzins schrittweise auf null. Langsam haben sich in den folgenden Jahren sowohl die Weltwirtschaft, die Banken als auch die Immobilienmärkte erholt. Geblieben ist vorrangig die Nullzins-Politik.

Zinsen runter, Kredite billiger

Krisen sind auch Chancen, wie sich durch unser Thema zeigt. Denn die Leitzinsen waren einer der entscheidenden Treiber des Booms auf dem Immobiliensektor. Hausbesitzer profitierten von den niedrigen Bauzinsen für mittel- bis langfristige Darlehen. Zum Vergleich: musste ein privater Bauherr noch 2010 für ein zehnjähriges Darlehen vier Prozent Zinsen zahlen, so lagen die Zinsen für den gleichen Kredit zehn Jahre später bei ca. 0,8 Prozent.

Wer in diesem investitionsfreundlichen Klima Restschulden umschichtete oder neue Schulden machte, tat dies im Bewusstsein, dass die Rallye immer so weitergeht. Aber, auch das gehört zur Wahrheit, natürlich haben sich in den vergangenen Jahren parallel zur günstigen Zinsentwicklung die Nachfrage, und mit ihr die Preise für Grundstücke und Gebäude, kontinuierlich nach oben entwickelt.

Die Zehnjahres-Hausse geht dem Ende zu

Aber die Chancen, die aus Krisen erwachsen können, schwinden, wenn die Krisen überhandnehmen. So kam es dann auch in den vergangenen drei Jahren. Die COVID-Pandemie, der Ukrainekrieg, das weltweite Stocken der Lieferketten befeuerte eine Inflation, die höher war als alles, was wir in den vergangenen drei Jahrzehnten erlebt hatten.

Alle drei Phänomene ließen die Preise für Baumaterialien exponentiell ansteigen. Das Statistische Bundesamt ermittelte für 2022 wahre Horrorzahlen. Infolge der immens hohen Energiepreise hatten sich Kosten für Stahlerzeugnisse um ca. 37 Prozent gegenüber 2021 verteuert, bei Fensterglas betrug die Teuerungsrate fast 50 Prozent, alle Erzeugerpreise zusammengenommen lagen 14 Prozent höher gegenüber dem Vorjahr. Die Energie für Haushalte verteuerte sich ebenfalls dramatisch. Im September 2023 lagen sie um über die Hälfte (55 Prozent) über dem Jahresdurchschnitt von 2020.

Die Entwicklung setzt sich fort. Auch im November 2024 stiegen die Strompreise. Wenn man weiß, wie energieintensiv die Produktion von Beton ist, sieht die Problematik für den privaten Hausbau. Dazu kam die geänderte Zinspolitik der US-amerikanischen Fed und der europäischen EZB.

Die Rückkehr zur Zinserhöhung

Die beiden Notenbanken sehen derzeit ihre Aufgabe vornehmlich in der Bekämpfung der Inflation; sie heben den Leitzins seit 2022 kontinuierlich an. Elfmal in Folge, mit einem Höchststand am 27. Juli 2023 von 5,5 Prozent, erhöhte die Federal Reserve den Zins. Am 8. November 2024 senkte die Notenbank ihn erstmals wieder auf 4,75 Prozent. Nicht anders verhielt sich die EZB, die in mehreren Schritten den Zins bis zum 20. September 2023 auf 4,5 Prozent anhob, ihn 2024 erstmals wieder mehrmals senkte, zuletzt am 23. Oktober 2024 auf 3,4 Prozent.

Diese Entwicklung schlug sich bereits im Laufe des Jahres 2022 auf den Bauzins durch, der zwischenzeitlich um die vier Prozent lag. Hier war kurz- bis mittelfristig keine Erleichterung zu erwarten, im Gegenteil trat eine Steigerung bis auf fünf Prozent ein. Das Jahr 2024 sah ein leichte Entspannung des Marktes, aber: Was bedeutet die Zinswende aber nun für die privaten Bauherren?

Der Zins und der Hausbau/Hauskauf

Trotz aller Komplexität des Themas sind die Effekte der geschilderten Zinserhöhungen vergleichsweise simpel. Die Notenbanken verringern dadurch die Geldmenge, senken die Inflation, die Guthabenzinsen steigen wieder. Soviel zu den positiven Effekten, jedoch wird das Wirtschaftswachstum ausgebremst, da die Kredite teurer werden und Unternehmen, aber auch Privatleute Investitionen zurückstellen. Konkret bedeutet dies bei einem Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit in Höhe von 400.000 bei einem Zins, der von anfangs 0,8 auf drei Prozent gestiegen ist, reale Zusatzkosten von fast 80.000 Euro. Je mehr Eigenkapital der Immobilieneigentümer in spe aber mitbringt, je kleiner der Kredit, den er aufnehmen muss, desto niedriger sind die Zinsen, die er zahlt.

Bauzinsen hoch, trotzdem kaufen?

Mittlerweile liegen die Zinsen für die zehnjährige Finanzierung nach leichten Schwankungen im Vorjahr bei über drei Prozent. Anschlusskredite, die vor wenigen Jahren noch eine Null vor dem Komma bei der Zinslast trugen, haben sich so verteuert, dass viele Eigentümer Gefahr laufen, die Raten nicht mehr bedienen zu können. Die Konsequenz könnte Zwangsversteigerungen bedeuten, und nicht nur das. Treten immer mehr Bauwillige von ihren Projekten zurück, leidet die Bauindustrie am Auftragsrückgang und in der Folge wird der sowieso angespannte Markt für Mietimmobilien weiter belastet.

Stimmen aus der Politik werden laut, Menschen in der Zinsfalle mit einem Kreditprogramm der KfW zu unterstützen. Das zuständige Ministerium ist das Bauministerium. Deren Sprecher verweisen auf das Wohngeld, das nach der Reform vom Januar 2023 auch von Haus- und Wohnungseigentümern als sogenannter Lastenzuschuss für den Kapitaldienst verwendet werden kann. Dieser staatliche Zuschuss ist das Äquivalent für das Wohngeld für Mieter. Folgerichtig sollten Hauseigentümer, die unter aktuellen finanziellen Situation leiden, ihre Anträge auch bei der Wohngeldbehörde stellen.

Fazit: Lohnt sich das Bauen oder Kaufen noch?

Als Jurist würde man sagen: Es kommt darauf an. Viele Faktoren spielen bei der Entscheidung für ein Eigenheim eine wichtige Rolle: die Zinsentwicklung, die Höhe des Eigenkapitals, die Preise für Baustoffe, die Grundstückspreise und damit verbunden die Lage des Objekts.

Nehmen wir als Beispiel die Bauzinsen. Es gab in den vergangenen vierzig Jahren immer wieder Hochzinsphasen, in denen die Zinsen doppelt so hoch waren wie heute. Von 1980 bis 1984 lagen sie bei knapp neun, anfangs der Neunzigerjahre sogar bei elf Prozent. Bis zur Jahrtausendwende fielen die Bauzinsen auf einen Wert zwischen sechs und acht Prozent. Gebaut wurde trotzdem.

Ein weiteres Beispiel betrifft die Baupreise, die im Laufe eines Jahres von August 2023 bis zum gleichen Zeitraum des Jahres 2024 um 3,1 Prozent gestiegen sind. Eine umgekehrte Entwicklung scheinen die Kaufpreise für Immobilien nach einer Prognose der DZ Bank zu nehmen, die vier bis sechs Prozent fallen könnten.

Wer sich die Frage stellt, ob er oder sie in diesem Jahr kaufen / bauen soll, sollte auch auf einen Blick auf den Mietmarkt werfen. Denn dass die Mieten steigen, ist ausgemachte Sache. Im Januar 2023 lagen sie durchschnittlich um 4,2 Prozent höher als im Vergleichsjahr 2020; im Sommer 2024 lagen die Ortsvergleichsmieten bereits um 7,7 Prozent höher als 2020. Der Druck auf den Markt bleibt hoch.

Also: Es war schon mal teurer zu bauen, aber es scheint in naher Zukunft teurer zu werden, es nicht zu tun, wenn die Mieten weiter steigen.